Es geht los. Eins-zwei-drei, Wiki-Leaks-Westerwelle, Wiki-Leaks-Merkel, Sarrazin, Kachelmann, Mappus (Parodie). Und-hoch-das-Bein, Stuttgart 21, Volksbegehren, Google-Street-View, Kinderpornoseiten, Pofalla, Lauterbach (jeweils Parodie). Hacke-Spitze, Helmut Schmidt (P), RAF, Demokratie, Diktatur, Steinmeier (P), Klaus Ernst (P), Gysi (P). Van-Damme-Spagat, Joachim Bublath (P), Evolution, 68er-Schlaglichter, Kapitalismus, Finanzkrise, Schäuble (P), von der Leyen (P).
Pausen- wie atemlos handelt Richling die Themen ab, hüpft dabei über die Bühne, von Station zu Station, um mal dem einen und mal dem anderen Publikumsflügel näher zu sein, wenn er ein Namensschildchen umdreht (nettes Gimmick) und den jeweiligen Politiker karikiert. Allein Mutti Merkel darf dabei mehrere Soli bestreiten, stets von einer Glocke eingeläutet.
Hechelnde Wortspiele, Haspeleien, beabsichtigt dummdreiste Versprecher wechseln munter mit wirren, verdrehten, aber in sich logischen und durchaus intelligenten Argumentationsspiralen, die bekanntlich zu Mathias Richlings Markenkern gehören. Der Bahnhof muss in die Tiefe, weil er ein Denkmal ist, das spätere Generationen vielleicht ausbuddeln wollen. Die DDR hat nie ein Menschenrecht missachtet, weil sie keine hatte, Westdeutschland wurde nach dem Krieg demokatisiert, weil höchstens ein Viertel der obrigkeitsgewöhnten Deutschen noch eine Diktatur wert war, für mehr hats nicht gereicht. Wenn Reiche auf einen neuen Satz Porschereifen verzichten, sparen sie weit mehr als Harzer beim Elterngeld, überhaupt sind die Armen des Landes insgesamt weitaus reicher, es verteilt sich nur auf mehr Köpfe.
Die Polit-Karikaturen, allesamt ohne große Verkleidung gespielt, pusten regelmäßig eine Hubba-Bubba-Sprechblase auf, in welchem jede Menge rhetorische Versatzstücke bekannter Politstatements tanzen, alsbald folgerichtig zu Absurditäten verklumpen und das Ganze schließlich so zum Platzen bringen, dass die zerkauten Worte im Gesicht kleben bleiben. Das ist die große Kunst der Entlarvung des herkömmlichen Politjargons, die niemand so beherrscht wie Richling, und die dem Zuschauer/-hörer mehr abverlangt als ein paar kurze Lacher.
Joachim Off GIG-BLOG.NET
Viel Applaus in Stuttgart für den «Richling Code
Von Roland Böhm, dpa
Hibbelig, sarkastisch, wortwitzig - Mathias Richling («Satire Gipfel») genießt am Wochenende sein Solo-Heimspiel in der Stuttgarter Liederhalle. Mehr als tausend Zuschauer haben ihren Spaß mit dem «Richling Code», dem neuen Programm des schwäbischen Kabarettisten.
Langer Applaus ist am Ende der Lohn für eine rund zweistündige Show des Politik-Deuters. Richling bleibt Richling - stets politisch, selten korrekt. Manch Lacher bleibt im Halse stecken.
Der Menschen-Beobachter und Parodist schlüpft mühelos von einer Rolle in die nächste. Letztlich sind es mehr als 20 Personen, die am schwarz-rot-gold gedeckten bundesdeutschen Abendmahl-Tisch Platz nehmen (Regie und Bühne: Günter Verdin). Und über allem schwebt Bundeskanzlerin Angela Merkel («Ich habe die Krise sicher durchs Land geführt»), hinter deren rotem Blazer Richling ein ums andere Mal schlüpft, um die Talkrunde um Gentechnik, Umwelt-Desaster und Bankenkrise zu dirigieren.
Ihr Vor-Vor-Vorgänger im Amt, Helmut Schmidt, muss natürlich am Rauchereck sitzen. Mit genial-wirren Gedankensprüngen wettert Richling in einer seiner Paraderollen gegen Nichtraucher. «Ich will damit nichts ändern. Ich will damit nur etwas gesagt haben.»
Gerne hätten auch Edmund Stoiber und Horst Köhler am Tisch sitzen dürfen, doch Richling ließ beide daheim und verließ sich unter anderem auf SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach («Ich kenne mich aus mit Gesundheit. Ich war selber schon mal gesund.») und Kanzleramtschef Ronald Pofalla samt seiner «Fähigkeiten zur Farblosigkeit».
Besonders gut kommt im Südwesten natürlich Richlings Variante von Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus an («Natürlich nehme ich die Proteste gegen Stuttgart 21 ernst, ich weiß nur nicht, was ich damit anfangen soll»). Zum Streit um den geplanten Tiefbahnhof Stuttgart 21 hielt sich Richling merklich zurück. Der Bahnhof solle oben ruhig weiter wachsen dürfen - Stuttgart hingegen gehöre unter die Erde.
Eigentlich hat Richling, der zur ersten Garde des politischen Kabaretts in Deutschland zählt, sein neues Programm schon bei Dieter Hallervordens Berliner Wühlmäusen gespielt. «Da habe ich die Möglichkeit, noch einiges auszuprobieren.» Doch jetzt - mit zwei Auftritten in der Heimat - gehe die Tour richtig los. Obwohl er den «Scheibenwischer»-Nachfolger «Satire Gifel» der ARD demnächst an Dieter Nuhr abgibt, bleibt er den TV-Zuschauern mit dem «Studio Richling» im SWR Fernsehen erhalten. Und natürlich hat er jetzt eine ganz lange
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